Zauberkunst

Jade war sich nicht sicher, ob sie sich nun auch am Unterricht beteiligen sollte, schließlich hatte Prof. Wetterwachs sie nicht speziell erwähnt.
Aber in ihrer derzeitigen Stimmung war es wahrscheinlich nicht das Beste, sie noch weiter zu reizen. Und sie hatte auch keine Lust tatenlos hier herumzusitzen und sich von allen anstarren zu lassen.
/Ok, ich habe schon Lust tatenlos herumzusitzen...aber der Teil mit dem Anstarren.../
Sie schreckte auf, als sie plötzlich bemerkte, dass alle Schüler sich schon ihr Kissen mit dem Accio hergeholt hatten und schon begonnen hatten.
Sie zückte nervös ihren Zauberstab, als sie erkannte, dass sie nicht nach vorne laufen konnte um es sich zu holen.
Jade räusperte sich nervös: "Accio Kissen!" Sie läcehlte überrascht und wahrscheinlich das erste Mal in dieser Stunde, als das Kissen tatsächlich grob in ihre Richtung geflogen kam.
/Hey, das klappt ja!/, dachte sie noch, bevor ihr das Kissen mit einiger Wucht ins Gesicht flog.
Da es ein ziemlich weiches Kissen war, tat es auch nicht weh, aber es sah wahrscheinlich ziemlich peinlich aus.
Verärgert und rot im Gesicht packte Jade das Kissen und knallte es auf den Tisch.
/So, jetzt nur noch der Diffindo und schon fertig./ Die Ironie in ihrer Gedankenstimme war nicht zu übehören.
Sie versuchte unbeeindruckt auszusehen und richtete den Zauberstab auf das Kissen: "Diffindo!"
Es passierte rein gar nichts, worüber Jade ziemlich froh war. Immerhin war es nicht in Flammen aufgegangen. Lustlos, diesen Zauber jetzt die ganze Stunde lang zu üben - und nicht zu lönnen - schaute Jade auf ihr Kissen. Resigniert richtete wieder den Zauberstab darauf. "Diffindo. War klar das nix passiert. Diffindo. Diffindo."
Sie grinste. "Diffindoooooo, Diffiiiiinndoooo. Diffindo. Diffindo.", machte sie und kicherte. Dabei war sie allerdings leise geblieben, so dass es zumindest keiner von ihren Mitschülern mitbekommen hatte.
"Diffindodiffindodiffindo." Jade schaute doch wieder ein bisschen nerbös zu Prof. Wetterwachs und beschloss es vielleicht lieber zu lassen.
Sie schaute wieder auf ihr Kissen. Es sah fast genau gleich aus, wie davor. Fast. Nur das es über und über mit Schlitzen und Rissen bedeckt war.
/Ja Huuuuups...Oh Scheiße. Schlecht. ein bisschen...viel vielleicht./ Sie verspürte den irren Drang zu lachen. Aber da sie gesehen hatte, was mit Ria und Christophe geschehen war, unterdrückte sie es und starrte ein wenig hilflos auf ihr Kissen. /Was hat sie gesagt, wie man es wieder ganz macht? Verdammt, das war doch so einfach. Ich konnte den doch immer. Oder? Hmm. Seltsam. ah, genau, jetzt weiß ich es wieder./ Zuversichtlich sprach sie einige Worte.
Die Reaktion, die kam, war nicht ganz so wie erwartet: Eine Horde kleiner, biestiger Flederwichte schoss aus dem Nichts hervor und fiel über das Kissen her. Mit Zähnen und Krallen zerfleischten sie das Kissen, so das die Federn flogen. Jade erschrak und schrie auf. /Und damit endete das kurze Leben der Jade Navet. Tragisch. Noch so jung./
Ein hysterisches Lachen erklang.

Zögernd betrat Ria den Zauberkunstraum, sie hatte die letzte Stunde noch nicht vergessen, und Gabi bestimmt auch nicht...
Noch bevor sie durch die Reihen zu ihrem Platz lief, nahm sie einen abscheulichen Geruch von Erbrochenem wahr, der in der Luft schwebte.
/Gabi hat doch wohl nicht...?/
Sie traute sich zwar nicht zu fragen, ob die Lehrerin vielleicht Magenprobleme habe, aber einen seltsamen Blick warf sie ihr doch zu. Bedacht darauf möglichst durch den Mund zu atmen setzte sie sich auf ihren Platz und bemerkte, dass Christophe noch fehlte. Hatte er zu sehr Angst vor den "wetterwachsschen Stunden"?
Sie kramte ihre Sachen hervor, in dem Vorsatz Gabrielle diese Stunde so richtig zu beeindrucken und damit ihre Hemden wieder reinzuwaschen.
Denn nach Gabis Zorn zu urteilen, mussten es mehrere Hemden gewesen sein, die sie in der letzten Stunde verschmutzt hatte.
Seufzend machte sie es sich auf ihrem Stuhl bequem und blickte durch die offenen Fenster, die den ekligen Geruch zum Glück langsam ins Freie entließen.

Pünktlich wie immer huschte Jade Navet an ihren Platz in der letzten Reihe und versuchte sich schoneinmal von vorneherein recht unauffällig hinter ihrem Pult zu verschanzen.
Eine erneute Stunde der Qual wartete auf sie und sie war irgendwie recht wenig gespannt, welche Foltermethoden diesmal zum Einsatz kommen würden.
Sie sah plötzlich, dass Prof. Wetterwachs nur einige Meter hinter ihr stand und sich offensichtlich über irgendwas ziemlich aufregte. Und dass man ihre schlechte Laune
nicht auf die Probe stellen sollte, dass wusste Jade sowohl aus eigener Erfahrung, als auch aus Erzählungen. Deswegen hielt sie vorläufig den Muund und beließ es bei einem.
"Bonjour Prof. Wetterwachs...", dass wahrscheinlich sowieso kaum zu hören war.
Dann schaute sie einfach nach vorne und versuchte möglichst nicht an ihre letzte, verkorkste Stunde zu denken.